Die Realität des Erwachsenwerdens: Eine persönliche Geschichte

Es ist ein langer Weg die Einfachheit und Reinheit des eigenen Wesens (des Kindes in uns) wieder zu finden.

Lucia M.

1/28/20246 min lesen

Erwachsen werden was heisst das?

Unsere Vorstellungen vom Erwachsensein, fallen zusammen wie ein Kartenhaus. Hoffnung zerschlagen sich und was bleibt dann noch übrig?

Wenn man jung ist, hat man viele Erwartungen ans Leben. Man freut sich, wenn man endlich volljährig wird. Nur um dann festzustellen, dass alles anders ist als wir dachten. Wenn wir endlich selber entscheiden können, was wir machen und was wir sein wollen. Dann merken wir, dass dies gar nicht so einfach ist. Denn jetzt sind es andere Erwachsene, die uns vorschreiben, wie wir zu funktionieren haben. Dein Chef, Mitarbeiter, manchmal sogar Freunde. Sie geben uns vor, wie wir uns zu verhalten haben, um erfolgreich, anerkannt und respektiert zu werden.

Unsere Vorstellungen vom Erwachsenwerden fallen zusammen wie ein Kartenhaus. Die Realität des Erwachsenwerdens kann oft ernüchternd sein und uns vor Herausforderungen stellen, mit denen wir nicht gerechnet haben.

Als Kochlehrling in einem angesagten Hotel mit Restaurant arbeite ich schwer. Für ein Hungerlohn.

Das Hotel stand an der Bergstation und alle Skifahrer und Touristen ging daran vor bei oder kamen rein. Denn die Aussicht auf die Berge war phänomenal vor allem im Winter. Das Personal wohnte im Dachstock. Doch hinter der Fassade sah es düster aus. Die Küche (mehr ein Kellerloch) mit durch geschnitten Holztischen zeugten von viel Handarbeit. Als ich da mit 15 Jahren anfing musste ich Berge Gemüse und Zwiebeln von Hand schneiden. Es hiess dann; ist gut aber muss schneller gehen. Fragt mich nicht wie oft ich in die Finger schnitt oder diese verbrannte. Allein als Mädchen in einer reinen Männer-Mannschaft aus verschiedenster Nation und dazu noch ein Mafioso zu überleben, war eine krasse Herausforderung. Und ich musste allein da durch. Meine Eltern erst geschieden, war mehr mit sich selbst beschäftigt als mit meiner Situation. Der Küchenchef war Alkoholiker und stets bis zum Abend betrunken. Die Patrone (Hotelbesitzer) hatten öffentlich bekannte Affären.

Nach einem Jahr kann Rachel als Auszubildende an den Tressen und Restaurant hinzu. Sie war von der Stadt und wir wurden so zusagen über Nacht beste Freundinnen. Sie nahm mich mit ins Jugendhaus in Glarus. Da trafen wir uns mit gleich Gesinnten. Mit jungen Leuten, die genauso frustriert waren wie wir, über die Welt, in die man uns aufzwingen wollte. Wir waren bereit auszubrechen aus den uns auferlegten Normen. Wir wollten leben und leben lassen! Freiheit die und das zu sein, wo von wir immer träumten. Im Jugendhaus und in unserer Klicke konnten wir das.

Wir erlebten so viel Schönes zusammen. Die Natur, der Musik und die gegenseitige Akzeptanz ermöglichte uns diesen Frieden zeitweilig zu erleben. Erlebnisse am Lagerfeuer am Klöntalersee mit Gitarre usw. werden immer in meinen Erinnerungen bleiben.

Meine Freunde rauchten Joints dafür hatten wir selten Alkohol dabei. Ich liess damals die Joints an mir vorbeiziehen, das störte Keinen.

Allzu schnell holte uns der harte Alltag wieder ein. Es blieb uns nichts anderes übrig um zu «überleben» als uns anzupassen und uns ein zufügen. Viele taten sich schwer, dabei in dieser düsteren Welt zurecht zu finden. Versagten und fielen. Und nicht alle schaffen es wieder aufzustehen und weiterzugehen. Weil ihnen niemand gesagt hat das, das ok ist Fehler zu machen, zu versagen usw. Das nur wichtig ist aufzustehen und weiter geht. Und wenn du dazu Hilfe brauchen, holt sie dir!

Meine Freundschaft mit Rachel (Hupfi) war mein Anker damals, aber dann….

Dann geschah so vieles, dass sich veränderte. In der Szene in Glarus wurden neu Drogen ausprobiert. Vor allem wenn es in Zürich kaum Marihuana oder Hasch gab, kauften sie was anderes fürs Wochenende. Im autonomen Haus am Zürcher Blattspitz war die Hochburg des Drogenhandels. Ja und da gab es eben so ziemlich alles. Auch ich kaufte mein erstes Hasch dort. Denn irgendwann mal musste ich es ausprobieren. Was ich sagen wollte, ist das viele gute Freunde durch denn Kauf von Marihuana in den Kontakt mit den gefährlichen Drogen kamen und abrutschten. Die, die diese Stoffe, ausprobiert haben kam in die endlos Spiral der Sucht, dh. des Beschaffens, Spritzen, Geld auftreiben und neuen Stoff kaufen. Eine Todesspirale die durch Kriminalität, Konfrontation mit den Gesetzeshütern und dem Körperlichen Zerfall einhergeht.

Ein Leben, das sie nie wollten, denn es ist ein Leben der totalen Abhängigkeit, dem nur wenige entkommen sind!

Leute ich sah das mit an! Wir versteckten 2 Heroinsüchtige vor der Polizei in unserem Dachzimmer im Hotel. Und wir fütterten sie durch.

Einer von ihnen ist uns nach einem Schuss Heroin fast draufgegangen. Ich sass daneben. Wir bekamen es mit der Angst zu tun. Zum Glück hatte er den Schuss überlebt.

Nach unserer erlebnisreichen Tour durch die Schweiz in unseren Frühlingsferien. Kam dann der bitterste Verlust für mich. Hupfi wurde verhört und kurz danach verhaftet. Sie ist ins Hotelbüro eingebrochen und hat sich da mit «Feriengeld» bereichert. Sie war wohl dabei nicht ganz professionell vorgegangen.

Jedenfalls wars das dann mit ihrer Lehre im Hotel Alpenblick.

Über unsere verrückte Tour durch die Schweiz haben wir so viel erlebt, dass das hier denn Rahmen sprengen würde. Aber spannend wäre es!

Könnt Ihr dann mal in meinem Buch lesen.

Nun aber wieder zum Alpenblick. Da Hupfi und ich fast alle freie Zeit zusammen verbracht hatten und im selben Hotel wohnten und arbeiteten, war das für mich ein schmerzlicher Verlust. Meine beste Freundin war weg, einfach weg. Ich blieb allein da und die Welt um mich war trostlos, kalt und hoffnungslos. Auf was sollte ich noch hoffen eine glückliche Familie? Ich kannte keine glückliche Familie in meinem Umfeld. Fühlte mich alleingelassen, ausgenutzt und teilweise auch verachtet. Ich wurde wie von einem dunklen Sog in die Tiefe gezogen. Ich war am Ertrinken in einer für mich hoffnungslosen Meer von Enttäuschungen. Meine Gedanken begann sich um Selbstmord zu drehen. Wir hatten sehr scharfe Messer in der Küche. Ein Schritt würde reichen oder dann doch nach Zürich fahren und mit einem Golden Schuss für immer dieser Dunkelheit entfliehen.

Das es nie dazu kam habe ich Dani zu verdanken. Ich kannte Dani von der Szene in Glarus. Er selbst hatte vieles durch gemacht. Zum Beispiel ein Horrortrip von dem Folgen er sich lange nicht erholt hatte, Psychische Hilfe brauchte und der Klinik Aufenthalte nach sich brachten.

Aber er war der Einzige, der meine Not erkannte. Er lud mich zu sich ein. Ich schlief schon vorher hin und wieder bei ihm zuhause in der Dachkammer. Und da in der Dachkammer, erzählte ich ihm alles, was mich bedrückte. Ich kotzte all mein Frust, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit aus. Er war es der mir das Rettungsseil zu warf, bevor mich dieser Sog in die Tiefe gerissen hat.

Gott hatte mir immer wieder Engel geschickt, die mich vor dem Abgrund retten, sonst gäbe es mich schon lange nicht mehr!

Mein Fazit damals; das kann es nicht sein, das Leben. Ich sagte mir; höre auf zu denken, sondern geh, lebe und geniesse, ohne weiter nach Antworten für den Sinn zu suchen.

Ich war noch nicht mal 18 Jahre alt als ich an diesen Punkt kam.

Und ich habe viel Verrücktes, Spannendes und Niederschmetterndes erlebt in meinem Leben.

Vielleicht holte ich mir da schon ein Stück der Unbekümmertheit der Kindheit zurück. Die mir durch die Erwachsenwelt gestohlen wurde.

Es ist ein langer Weg die Einfachheit und Reinheit des eigenen Wesens (Des Kindes in uns) wieder zu finden.

Erwachsen werden was heisst das? Deine Kindheit zurücklassen oder deine kindliche Seele ablegen, um dann was zu werden?

Erwachsen? Besser? Gewiefter? Erfolgreich? Ja für all das geben wir unsere kindliche, reine, echte und verletzliche Seele auf.